Positionspapier der AÖL. Auf dem Weg zum Bio-Musterländle – Notwendige Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Aktionsplans „Bio aus Baden-Württemberg“

Das Volksbegehren Artenschutz, initiiert von zwei Bio-Imkern, stößt in der baden-württembergischen Bevölkerung auf großes Wohlwollen. Die Vielzahl an gesammelten Unterschriften für das Begehren zeigen den Wunsch der Bevölkerung nach einer schnelleren Ausweitung des ökologischen Landbaus und nach mehr heimischem Qualitäts-Bio. Auch wenn die Politik in den letzten Jahren erste wichtige Anreize gesetzt hat, bedarf es zusätzlicher Maßnahmen und Mittel, um Baden-Württemberg flächenhaft zum Bio-Musterländle zu machen.

Als Vertretung der heimischen Bio-Bauern rufen wir die grün-schwarze Landesregierung zum Handeln auf, den Aktionsplan „Bio aus Baden-Württemberg“ auf dem Weg zu 50 Prozent Ökolandbau in Baden-Württemberg couragiert weiterzuentwickeln und die dafür notwendigen Finanzmittel im Rahmen der Verhandlungen des Doppelhaushalts 2020 / 2021 bereitzustellen.

Die grün-schwarze Landesregierung muss in der Umsetzung deutlich schneller als bisher vorankommen, um die ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft in Baden-Württemberg zum Wohle der Umwelt und der nachfolgenden Generationen nachhaltig zu stärken. Um Marktverwerfungen zu vermeiden, muss dieser Weg insbesondere auf die Stärkung von Absatz und Nachfrage ausgerichtet werden. Folgende konkrete Maßnahmen müssen durch die baden-württembergische Landesregierung zeitnah und dringlich beschlossen werden:

I. Reform der beruflichen Ausbildung und zeitgemäße Berücksichtigung der Themen des ökologischen Landbaus in den Lehrplänen

Der ökologische Landbau sowie die Verarbeitung von Öko-Lebensmitteln soll in allen Bereichen der schulischen und beruflichen Ausbildung – in den sogenannten Grünen Berufen ebenso wie im Lebensmittelhandwerk und der ganzen Ernährungsbranche – fest etabliert werden. Damit soll der heranwachsenden Generation das notwendige Wissen über die Öko-Produktion vermittelt werden. Die Landesregierung stellt hierfür eine angemessene und dem aktuellen Stand des ökologischen Landbaus entsprechende Berücksichtigung seiner Themen in der beruflichen Ausbildung sicher und verankert die Themen und Fragestellungen des ökologischen Landbaus in den Lehrplänen der berufsbildenden Schulen.

Hierzu sei auf Hessen verwiesen: Die dortige Landesregierung hat, basierend auf dem bundesweit gültigen Rahmenlehrplan, regionale Ergänzungen („Öko-Komponenten“) beschlossen und in die Umsetzung gebracht. Wir fordern die hiesige Landesregierung dazu auf, diesen regionalen „Spielraum“ zu nutzen und den baden-württembergischen Lehrplan zeitnah um moderne und zukunftsgerichtete Lehrinhalte zum ökologischen Landbau zu ergänzen und nachfolgend zu überprüfen.

Zuständig: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: Implementierung ab Beginn 2020

Finanzrahmen: Keine zusätzlichen Finanzmittel notwendig

 

II. Umsetzung der Koalitionszusage im Bereich der ökologischen Praxisforschung

In der Koalitionsvereinbarung ist die Einrichtung eines Kompetenzzentrums Ökolandbauforschung hinterlegt, um zukünftig die über das Land verteilten Aktivitäten in der ökologischen Praxisforschung strukturell und konzeptionell zusammenzuführen. Die Landesregierung bekennt sich zu ihrer Koalitionszusage und beschließt die hierfür notwendigen personellen und strukturellen Ressourcen. Die Forschung wird zu Fragestellungen des Öko-Landbaus noch stärker auf die Praxis ausgerichtet. So soll ein Praxis-Forschungsbetriebsnetz aufgebaut werden, um Forschung, Praxis und Wissenstransfer enger zu verknüpfen. Ergänzend baut das Land die Beforschung von Themen und Fragestellungen der ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft an allen seinen Landesanstalten bis 2030 auf 30 Prozent aus.

Zuständig: Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: umgehend

Finanzrahmen: 180.000 € jährlich für Personalstellen, die den Aufbau des Praxisforschungsnetzwerks koordinieren. Aktivitäten an den Landesanstalten: Mittels Umschichtung.

 

III. Neuordnung der Zuständigkeiten am Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau in Emmendingen-Hochburg

Am Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau in Emmendingen-Hochburg (KÖLBW) sollte der ökologische Landbau im Bereich Bildung, Praxis und Forschung gestärkt werden. Hierzu ist festzuhalten, dass die Entfaltung der Möglichkeiten des KÖLBW in den zurück-liegenden Jahren an unklaren Zuständigkeiten und an einem fehlenden Gesamtkonzept litt. Damit das KÖLBW die mit seiner Einrichtung verbundenen Erwartungen erfüllen kann, beschließt die Landesregierung eine Neuordnung der Zuständigkeiten für sämtliche Konzepte und Aktivitäten des KÖLBW.

Zudem wird das schleppende Verfahren zur Ertüchtigung des vor Ort befindlichen Praxisbetriebs beschleunigt, sodass der von der Landespolitik angestrebte Vorzeigebetrieb bis spätestens Ende 2022 Realität ist.

Zuständig: Ministerium für Finanzen und Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: umgehend

Finanzrahmen: Zusätzliche Personalstelle, die die Aktivitäten auf der Domäne Hochburg Emmendingen in Gänze ordnet. Beschlossene Mittel für die Ertüchtigung des Praxisbetriebs werden in den Doppelhaushalt 2020 / 2021 vorgezogen.

 

IV. Klares Bekenntnis zum ökologischen Landbau in der Forschungspolitik des Landes

Aktuell werden bundesweit gerechnet lediglich 1,5 Prozent der Agrar-Forschungsmittel für die Beforschung des ökologischen Landbaus verwendet. Damit die Ausweitung des ökologischen Landbaus im Lande erreicht wird, setzt sich die Landesregierung dafür ein, 30 Prozent der Forschungsmittel im Agrarbereich für Forschung zum ökologischen Landbau zu verwenden. Die Landesregierung wirft auf nationaler Ebene all ihren Einfluss in die Waagschale, um im Bereich Bildung und Forschung das Innovationspotenzial von Bio zu heben. Neben dem Landwirtschaftsministerium setzt sich insbesondere das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst und das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau dafür ein, im Bund eine Neuausrichtung der Agrarforschung an den veränderten Bedürfnissen zu realisieren.

Zuständig: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: umgehend

Finanzrahmen: Keine zusätzlichen Finanzmittel notwendig

 

V. Ökologisierung der Landesanstalten

Weitere Staatsgüter und -domänen sollen als Vorbild und Musterlandwirtschaft in Sachen ökologischer Landbau aus- bzw. umgebaut werden. Insbesondere umzusetzen ist die Umstellung des HUL Marbach auf ökologischen Landbau und die Berücksichtigung des ökologischen Landbaus beim Wiederaufbau der Rinderstalls beim LAZBW in Aulendorf.

Zuständig: Ministerium für Finanzen, Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: Implementierung ab spätestens 2020

Finanzrahmen: Noch zu klären

 

V. 1. Anerkennung der Umstellung auf Öko-Bewirtschaftung als Ausgleichsmaßnahme Immer mehr landwirtschaftliche Nutzfläche fällt dem Flächenfraß zum Opfer. Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten und um mehr ökologisch bewirtschaftete Flächen zu erhalten, anerkennt die Landesregierung (wie dies in anderen Bundesländern bereits heute gelebte Praxis ist) die Umstellung auf Öko-Bewirtschaftung im Zuge der Neufassung der Ökokonto-Verordnung als Ausgleichsmaßnahme für Eingriffe in die Natur.

Zuständig: Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft (federführend), Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: Implementierung ab spätestens 2020

Finanzrahmen: Keine zusätzlichen Finanzmittel notwendig, da aus dem vorhandenen Budget des Ökokontos bestritten

 

V. 2. Beschluss und Umsetzung einer Kampagne für mehr Bio in der Außer-Haus-Verpflegung in ausgewählten Bio-Musterregionen

Um insbesondere in ausgewählten Regionen ins Handeln zu kommen, beschließt die Landesregierung eine Kampagne zur Beförderung des Einsatzes von Bio-Produkten in der Außer-Haus-Verpflegung in ausgewählten Bio-Musterregionen. Diese beinhaltet eine Herausarbeitung und Weiterverbreitung erfolgreicher Konzepte des Bio-Außer-Haus-Marktes und die Vernetzung entsprechender Öko-Erzeugungs- und -Belieferungsketten „vom Acker bis zum Teller“.

Zuständig für die Kampagne: Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: Implementierung ab Winter 2019/2020

Finanzrahmen: Jährlich 500.000 € angelegt auf fünf Jahre. Aus Mitteln des Doppelhaushalts 2020 / 2021

 

V. 3. Beschluss und Umsetzung einer Kampagne zur Beförderung des Einsatzes von Bio-Produkten in der Außer-Haus-Verpflegung

Bio in der Außer-Haus-Verpflegung gilt als zentraler Pioniermärkte für die Verwendung von Öko-Produkten – eine Ausweitung deren Anteils in den landeseigenen Kantinen ist daher naheliegend. Die Landesregierung beschließt daher dort die Verwendung eines Anteils von 50 Prozent an regionalen und Bio-Lebensmitteln bis zum Jahr 2030. Die öffentliche Gemeinschaftsverpflegung wird als wirksames Instrument für die Absatzsteigerung von Bio-Produkten genutzt und damit die ökologische Ernährung insgesamt befördert. Dänemark zeigt, wie es geht. So wurde beispielsweise in Kopenhagen ein Bio-Anteil von 90 Prozent in allen öffentlichen Einrichtungen nahezu kostenneutral erreicht und damit eine nachhaltigere, schmackhaftere und gesündere Ernährung realisiert.

Damit auch in der sonstigen Außer-Haus-Verpflegung künftig verstärkt auf Bio gesetzt wird, beschließt die Landesregierung eine breit angelegte Kampagne zur Beförderung des Einsatzes von Bio-Produkten in der Außer-Haus-Verpflegung. Eine unterstützende Kampagne zeigt auf, wie Bio in der Außer-Haus-Verpflegung funktioniert und macht Köchen Lust auf die Verwendung von Bio-Produkten. Zu beachten gilt es dabei eine systematische Berücksichtigung der Öko-Erzeugungs- und -Belieferungsketten „vom Acker bis zum Teller“.

Konkret beinhaltet die Kampagne die nachfolgenden Elemente:

  1. Analyse der Versorgungsketten in der Gemeinschaftsverpflegung;
  2. Vernetzung von Erzeugern, Verarbeitern und Großküchen;
  3. Entwicklung einer landesweiten Kommunikationskampagne;
  4. Beratung von Großküchen bei der Beschaffung von Biolebensmitteln und regionalen Produkten;
  5. Informations- und Weiterbildungsangebote für Küchenpersonal/Verpflegungs- verantwortliche;
  6. Informations- und Weiterbildungsangebote für Kita- und Schulträger;
  7. Lehrerfortbildungen zum Thema „Nachhaltige Ernährung“;
  8. Schaffung einer zusätzlichen Arbeitskraft zur Beratung von Kitas und Schulen hinsichtlich des Einsatzes von Biolebensmitteln.

Zuständig für die Kampagne: Ministerium für Ländlichen Raum; vergibt Auftrag per Aus-schreibung an kompetente Agentur

Zeitplan: Implementierung ab Winter 2019 / 2020

Finanzrahmen: Jährlich 550.000 € angelegt auf acht Jahre. Aus vorhandenen Mitteln der Nachhaltigkeitsstrategie oder Mitteln des Doppelhaushalts 2020 / 2021

IX. Umbau der staatseigenen Unternehmen zu „Leuchttürmen“ der ökologischen Ernährungsindustrie

Die Landesregierung beschließt einen verbindlichen „Fahrplan“ zur Umstellung der landeseigenen Unternehmen der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Die in Landesbesitz befindlichen Unternehmen der Ernährungsindustrie werden zu „Botschaftern“ für den ökologischen Landbau umgebaut. Für die Staatsbrauerei Rothaus wird der Einsatz von 50 Prozent Bio-Rohstoffen verankert und die schrittweise Bio-Umstellung eingeleitet.

Zuständig: Ministerium für Finanzen (federführend), Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: Beginn der Maßnahme Ende 2019, Umsetzung schrittweise

Finanzrahmen: Noch nicht absehbar, hängt von Umfang der Maßnahmen ab

 

X. Beschluss und Umsetzung einer Projektförderung für die Realisation von Öko-Aktionswochen

Um gegenüber einer breiten Öffentlichkeit attraktive Einblicke in den Sektor zu ermöglichen, beschließt die Landesregierung die Projektförderung für die Durchführung jährlicher „Aktionswochen Ökologischer Landbaus“ begleitet durch ein zeitgemäßes Marketingkonzept. Mittels einer modernen Marketingkampagne und vernetzt mit den bereits bestehenden Marketinginstrumenten des Landes werden Endverbraucher über die Vorzüge von regional und ökologisch erzeugten Nahrungsmitteln informiert. Die durch eine unabhängige Marketingagentur konzipierte Kampagne wirbt zeitgemäß für „heimisches Bio“.

Zuständig: Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: Implementierung ab spätestens 2020

Finanzrahmen: Jährliches Budget für die „Aktionswochen Ökologischer Landbau“ 150.000 €

 

XI. Beschluss und Umsetzung einer Marketingkampagne zur Heraushebung der positiven gesellschaftlichen Leistungen des Sektors gegenüber einer breiten Öffentlichkeit

Um gegenüber einer breiten Öffentlichkeit die Vorteile der heimischen Erzeugung und Verarbeitung ökologischer Produkte herauszustellen, beschließt die Landesregierung die Finanzierung einer modernen Marketingkampagne. Diese informiert Endverbraucher über die Vorzüge von regional und ökologisch erzeugten Nahrungsmitteln. Die durch eine unabhängige Marketingagentur konzipierte Kampagne wirbt zeitgemäß für „heimisches Bio“.

Zuständig: Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: Implementierung ab spätestens 2020

Finanzrahmen: Einmaliges Budget für Erstellung moderne und zeitgemäße Marketingkampagne: 325.000 €. Anschließend 100.000 € jährlich

 

XII. Kampagne zur Ökologisierung des Lebensmittelhandwerks und der Gastronomie

gemeinsam mit der Bäckerinnung, der Metzgerinnung und der DEHOGA

Zuständig: Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: Frühjahr 2020

Finanzrahmen: 300.000 €

 

XIII.Beschluss und Umsetzung von „Bauer-zu-Bauer-Gesprächen“ zur messbaren Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln

Als Beitrag zum Strategie des Landes zur Reduzierung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln und eingebettet in das „Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt“ werden „Bauer-zu-Bauer-Gespräche“ installiert. „Bauer-zu-Bauer-Gespräche“ sind eine in der Praxis erprobte, überaus wirksame Methode, um mittels Gedanken- und Informationsaustausch auf Ebene von Praktikern erheblich zur Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln hinzuwirken. Die Weitergabe der Erfahrungen von Praktiker zu Praktiker liefert die besten Argumente für eine Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln. Die „Bauer-zu-Bauer-Gespräche“ werden begleitet durch eine adäquate Einbindung der Erzeugerberatung in den Themenbereichen Ackerbau und Biodiversität.

Zuständig: Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: Implementierung ab 2020

Finanzrahmen: Aus Finanzmitteln des Sonderprogramms Biodiversität

 

XIV. Beschluss und Umsetzung eines Projekts „Grundwasserschutz durch ökologischen Landbau“

Die Belastung des Grundwassers mit Nitrat ist nach wie vor problematisch. Als Hauptverursacher gilt vor allem die Landwirtschaft. Seit 1995 liegt der jährliche Bilanzüberschuss von Stickstoff auf konventionellen Betrieben bei knapp 100 Kilogramm pro Hektar. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass von diesen Überschüssen mehr als die Hälfte des Stickstoffs ins Grundwasser ausgewaschen werden. Je nach Bodenart, Klima und Niederschlagsmenge können diese Werte regional sogar noch höher ausfallen. Für kommunale Wasserversorger ist dieser übermäßige Eintrag ein großes Problem. Denn für jedes Kilogramm Stickstoff, das aus dem Wasser gefiltert werden muss, fallen laut einer wissenschaftlichen Studie Kosten in Höhe von fünf bis 15 Euro an.

Studien belegen, dass auf ökologisch genutzten Acker- und Grünlandflächen durchschnittlich nur halb so viel Stickstoff ausgewaschen wird wie bei konventioneller Bewirtschaftung. Ein weiterer wesentlicher Vorteil des ökologischen Landbaus ist der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel und ein deutlich geringerer Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung. Beides sind Problemstoffe, die bei der Trinkwasseraufbereitung zusätzliche Schwierigkeiten bereiten und Kosten verursachen.

Die baden-württembergische Landesregierung bekennt sich mit einem Projekt „Grundwasserschutz durch ökologischen Landbau“ dazu, die Herausforderung Grundwasserschutz konkret anzugehen und mittels eines Projekts Lösungswege in Verbindung mit einer landwirtschaftlichen Flächennutzung aufzuzeigen. Das Projekt wird durch eine Kommunikationskampagne begleitet, die die Vorteile grundwasserschonender Landbewirtschaftungsmethoden herausstellt.

Zuständig: Ministerium für Ländlichen Raum, Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft

Zeitplan: Implementierung ab 2020

Finanzrahmen: Jährlich 500.000 € angelegt auf fünf Jahre

 

XV. Umbau der Agrarumweltprogramme des Landes

Um zu einer erheblichen Steigerung des Anteils ökologisch bewirtschafteter Flächen hinzuwirken, müssen die Agrarumweltprogramme des Landes systematisch auf Nachhaltigkeitsziele ausgerichtet und insbesondere die Kombinierbarkeit unterschiedlicher Maßnahmen für ökologisch wirtschaftende Erzeugerbetriebe ausgerichtet werden. Die neu zu konzipierenden Maßnahmen müssen künftig daran ausgerichtet werden, dass Wasser, Böden und Klima geschützt, Tiere artgerecht gehalten und bäuerlich geführten Betrieben neuen Perspektiven aufgezeigt werden. Die Öko-Branche zeigt mit ihrem Nachhaltigkeitsmodell zur GAP, wie Steuergeld zielgenau und ohne Strukturbrüche für eine zukunftsfähige Landwirtschaft verwendet werden kann – und damit auch die Erwartungen und Ansprüche der Gesellschaft an die Landwirtschaft erfüllt werden (siehe www.boelw.de/gap2020). Die baden-württembergische Landesregierung bekennt sich zu diesem Modell und engagiert sich auf Bundesebene für dessen Umsetzung.

Zuständig: Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: ab sofort

Finanzrahmen: Keine zusätzlichen Finanzmittel notwendig

 

XVI. Finanzielle Sicherstellung der Agrarumweltmaßnahmen Umstellung und Bei-behaltung der ökologischen Wirtschaftsweise

Im Rahmen der laufenden Diskussion um die Ausgestaltung der zukünftigen Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2020 setzt sich die Landesregierung auf der Grundlage des Beschlusses des Bundesrates für die Sicherstellung der ausreichenden Finanzierung des Ausbauziels 30 bis 40 Prozent Ökologischer Landbau bis 2030 in Baden-Württemberg ein. Ebenso sind ausreichende Ko-Finanzierungsmittel in den kommenden Landeshaushalten einzustellen.

Die Landesregierung setzt sich für eine ausreichende Finanzierung der Förderung des ökologischen Landbaus im Zuge des landeseigenen Agrarumweltprogramms FAKT ein und stellt die Fortführung der beiden Maßnahmen Umstellung und Beibehaltung der ökologischen Wirtschaftsweise sicher. Die Betriebe müssen sich darauf verlassen können, dass die Förderung der Umstellung wie auch der Beibehaltung der ökologischen Wirtschaftsweise ohne Unterbrechung nach 2020 gewährleistet ist.

Zuständig: Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: ab sofort

Finanzrahmen: Keine zusätzlichen Finanzmittel notwendig

 

XVII. Verstetigung einer von der Landesregierung organisierten Wissenschaftstagung zum ökologischen Landbau im zweijährigen Rhythmus

Zuständig: Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: ab sofort

Finanzrahmen: Aus bestehenden Haushaltsmitteln / mittels Umschichtung

 

XVIII. Ausrufung und Einrichtung weiterer Bio-Musterregionen

zur Beförderung des heimischen ökologischen Landbaus. Mit dem Ansatz der Bio-Musterregionen wird das Engagement aller Beteiligten und das Bewusstsein der Bürger in den einzelnen Regionen für die ökologische Land-und Lebensmittelwirtschaft nachhaltig gestärkt und gefördert Die bestehenden Bio-Musterregionen werden – nach einer Evaluation – um drei Jahre verlängert und anschließend in eine gleitende „Auslaufphase“ überführt, sodaß es eine insgesamt Perspektive für die Bio-Musterregionen von 9 Jahren ergibt.

Zuständig: Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: Frühjahr 2020

Finanzrahmen: Je Bio-Musterregion und Jahr 100.000 €, aus Mitteln des Nachtragshaushalts 2020 / 2021

 

XIX. Stärkung der zuständigen Verwaltungsstrukturen

Die Landesregierung nimmt die Weiterentwicklung des Aktionsplans „Bio aus Baden-Württemberg“ zum Anlass, das für den ökologischen Landbau zuständige Referat innerhalb des Landwirtschaftsministeriums als auch die zuständige Kontrollbehörde für den ökologischen Landbau beim Regierungspräsidium Karlsruhe personell und finanziell adäquat zu den Herausforderungen der Branche auszustatten.

Zuständig: Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: ab Beginn 2020

Finanzrahmen: zusätzliche Finanzmittel müssen spätestens im Doppelhaushalt 2020/21 zur Verfügung gestellt werden

 

Ergänzung von weinbauspezifischen Maßnahmen

Das Land-Baden-Württemberg ist mit den Anbaugebieten Baden (ca. 15.000ha) und Württemberg (ca. 10.000ha) das zweitgrößte weinbautreibende Bundesland in Deutschland.

Einerseits stellt gerade der Weinbau mit der Ausprägung der spezifischen Kulturlandschaft zum Tourismus im Land einen wichtigen Baustein dar. Die hier erzeugten Weine sind in der Region identitätsschaffend. Die im gesamten Bundesgebiet und auch Ausland konsumierten Badischen und Württemberger Weine sind Botschafter und Aushängeschilder für unser Land im In- und Ausland. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass die Sonderkultur Weinbau leider im Vergleich zu vielen anderen landwirtschaftlichen Sparten einen besonders hohen Schutz insbesondere gegenüber pilzlichen Erkrankungen erforderlich macht. Aus diesem Grund gerät der Weinbau im Zusammenhang mit jeglicher Forderung nach Reduktion von Pestiziden sofort ins Blickfeld und steht gerade in den aktuellen Diskursen unter direktem Beschuss.

Das Konzept des biologischen und biodynamischen Weinbaues weist umfangreiche zukunftsweisende Aspekte auf: Düngung ohne synthetische Stickstoffdünger, Aufbau und Entwicklung natürlicher Bodenfruchtbarkeit, Förderung von Insekten und Kleintieren für eine hohe Diversität und stabile Nützlings-Schädlings-Gleichgewichte. Darüber hinaus ist das große Potential für qualitativ hochwertige Weine. Dies nur um einige Vorzüge zu nennen.

 

Aus diesen Gründe sind nicht nur alle biologisch arbeitenden Winzerinnen und Winzer im Land davon überzeugt, dass sie auf dem richtige Wege sind, und schätzen auch die Anerkennung der Öffentlichkeit und ihrer Kunden. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass das Interesse von bisher konventionell arbeitenden Weinbaubetrieben für eine Umstellung auf biologischen Weinbau außerordentlich hoch ist. Aber leider: Der Schritt zum Bioweinbau ist gerade auf Grund der im Bioweinbau nicht gelösten Frage der Pflanzengesundheit im Hinblick auf die Mehltaupilzkrankheiten mit solch hohem Risiko verbunden, dass der Anteil des Bioweinbaues sich kaum entwickelt. Vielmehr ist sogar festzustellen dass der Anteil der Bioweinbaufläche in Baden-Württemberg (ca. 8%)an der Gesamtfläche im Vergleich zum Verhältnis der Biolandbaufläche (ca. 14%) zur gesamten LW-Fläche nur wenig mehr als halb so hoch ist.

 

Wir möchten daher auf einige konkrete Maßnahmen hinweisen, den Aktionsplan „Bio aus Baden-Württemberg“ in Bezug auf die Sonderkultur Weinbau ergänzen. Kristallisationspunkte sind dabei in der Tat Möglichkeiten zur Verbesserung der Rebengesundheit bei gleichzeitiger Reduktion von Pestiziden.

XX. Stärkung eines zukunftsfähigen Weinbaus mit widerstandsfähigeren Reben durch adäquate Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen

Die AÖL weist seit vielen Jahren darauf hin, dass langfristig ein zukunftsfähiger Weinbau nur mit widerstandsfähigeren Reben möglich sein wird. Dazu hat das Land Baden-Württemberg durch die Rebzüchtungsarbeiten am Staatlichen Weinbauinstitut in Freiburg über viele Jahrzehnte großartige Vorarbeit geleistet und kann längst ein Repertoire an interessanten Sorten anbieten. Mit dem Anbau von PIWIs kann der Pflanzenpflegemittelaufwand nachweislich unmittelbar um mindestens 70% des sonst anfälligen Einsatzes zurückgeführt werden. Das ist die Mindesteinsparung. Viele Betriebe können ihre Pflanzenschutzmaßnahmen in den PIWI-Anlagen auf Null zurückfahren. Sie bieten ganz offensichtlich riesigen Fortschritt.

In vielen Gesprächen weisen wir seit Jahren darauf hin, dass die Vermarktung der aus diesen Sorten gewonnenen Weine sehr schwer ist, weil diese Sorten und deren Vorzüge im Anbau und Vorzüge für die Umwelt zu wenig bekannt sind. Hier sind weitreichende gemeinsame Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen notwendig. Konzepte für solche Maßnahmen sind bereits in verschiedenen Gremien erarbeitet worden, es geht nun halt um die finanziellen Mittel zu deren Umsetzung.

Zuständig: Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: ab Beginn 2020

Finanzrahmen: zusätzliche Finanzmittel müssen spätestens im Doppelhaushalt 2020/21 zur Verfügung gestellt werden

 

XXI. Einsatz für die Zulassung von phosphonathaltigen Pflanzenbehandlungspräparaten

Mittelfristig gibt es klare Konzepte, um konkret die Kupferaufwendungen im Bioweinbau zu reduzieren bei gleichzeitiger Verbesserung der Produktionssicherheit. Die Zulassung von phosphonathaltigen Pflanzenbehandlungspräparaten ist eine ganz konkrete Forderung, die die Entwicklung und Ausbreitung des biologischen Anbaues in ganz kurzer Zeit massiv vorantreiben würde und gleichzeitig die Anzahl von Behandlungsmaßnahmen im Bioweinbaubereich reduzieren könnte.

Zuständig: Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: ab Beginn 2020

Finanzrahmen: keine

 

XXII. Ausbau der Forschung- und Versuchstätigkeit in den Landeseinrichtungen LVWO Weinsberg und WBI Freiburg

Die Forschung- und Versuchstätigkeit in den Landeseinrichtungen LVWO Weinsberg und WBI Freiburg muss aufrechterhalten und weiterentwickelt werden. Die Verbände der AÖL stehen zur fachlichen Begleitung gerne zur Verfügung.

Zuständig: Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: ab Beginn 2020

Finanzrahmen: keine. Umwidmung bestehender Personalstellen

 

XXIII. Stärkung des Beratungsdienst ökologischer Weinbau e.V.

Der Beratungsdienst ökologischer Weinbau e.V., der umfangreich in ganz Baden-Württemberg nicht nur biologisch arbeitende Betriebe, sondern vermehrt konventionelle Betriebe berät, könnte zur Ausbreitung von biologischen Maßnahmen im Rebbau in Baden-Württemberg viel leisten. Wir schlagen daher eine im Beratungsdienst integrierte zusätzliche Beratungskraft vor als Chance, viele Weinbauunternehmen zum Umstellung auf biologischen Anbau zu gewinnen.

Zuständig: Ministerium für Ländlichen Raum

Zeitplan: ab Beginn 2020

Finanzrahmen: zusätzliche Finanzmittel müssen spätestens im Doppelhaushalt 2020/21 zur Verfügung gestellt werden

 

Hintergrund

Im Jahr 2012 hat die baden-württembergische Landesregierung den Aktionsplan „Bio aus Baden-Württemberg“ mit den expliziten Zielen aufgelegt, die Umstellung und Beibehaltung des ökologischen Landbaus, den Wissenstransfer in Bildung und Beratung zum ökologischen Landbau sowie die Forschung an den landwirtschaftlichen Landesanstalten zu Fragestellungen des ökologischen Landbaus zu fördern. Weiterhin bekannte sich die Landesregierung seinerzeit dazu, die Rahmenbedingungen für ökologisch wirtschaftende Betriebe zu verbessern und den Neueinstieg in die Öko-Bewirtschaftung zu erleichtern. Zudem sollte mittels konkreter Maßnahmen die Vermarktung regional erzeugter Bio-Produkte unterstützt werden.

Mit ihrer im Mai 2016 geschlossenen Koalitionsvereinbarung hat sich die grün-schwarze Landesregierung (erneut) dazu bekannt, den ökologischen Landbau in Baden-Württemberg auf breiter Basis zu fördern und weiterzuentwickeln. Mit dem Zitat „Wir werden den ökologischen Landbau weiter voranbringen“ nimmt die Koalitionsvereinbarung an prominenter Stelle hierauf Bezug. In den zurückliegenden Monaten bekräftigte der zuständige Landwirtschaftsminister Peter Hauk diesen Weg, indem er das Ziel „30 Prozent Ökolandbau bis zum Jahr 2030“ ausrief. Das Volksbegehren Artenschutz „Rettet die Biene“ strebt gar 50 Prozent Bio-Anbau bis 2035 an. Aufgrund der für den ökologischen Landbau sehr günstigen strukturellen und naturräumlichen Gegebenheiten im Land (u. a. hohe Kaufkraft, bewusst handelnde Konsumenten, relative Kleinstrukturiertheit der hiesigen Agrar- und Lebensmittelwirtschaft, vielfach noch bäuerlich geprägte Landwirtschaftsbetriebe) hält die AÖL eine stetige Steigerung der Flächen und Umsätze im ökologischen Landbau für richtig und bei einem entsprechend förderlichen politischen Rahmen auch für realistisch umsetzbar.

Nicht nur bezogen auf die im Jahr 2012 ausgerufenen Ziele, sondern auch aufgrund der Aussagen im Koalitionsvertrag mahnt die AÖL als Sektorvertretung im Namen der Umwelt und nachfolgender Generationen ein deutlich schnelleres Tempo bei der Zielerreichung an. Insbesondere bei der Umsetzung der Aussagen des Koalitionsvertrags hinkt die derzeitige Landesregierung dem Zeitplan teilweise deutlich hinterher. Konkret zugesichert wurde im Koalitionsvertrag die Bewertung und Weiterentwicklung des Aktionsplans „Bio aus Baden-Württemberg“. Hierzu wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die unter Einbezug des Sektors das seit 2012 Erreichte bewertete und einen breiten Dialogprozess vorbereitete. Im Zuge eines Dialogworkshops mit rund 180 Akteurinnen und Akteuren aus der ökologischen Land- und Ernährungswirtschaft aus dem Land wurden im Frühjahr 2018 die Erfordernisse für den Sektor diskutiert und erste konkrete Maßnahmen entwickelt.

Der Workshop gliederte sich dabei in acht Themenfelder, in denen Handlungsbedarfe identifiziert wurden:

  • Bildung für mehr Ökolandbau;
  • Weiterentwicklung des Systems Ökolandbau: Stärkung des Netzwerks Praxis, Beratung, Forschung;
  • Zukunft der Öko-Kontrolle nach der Revision der EU-Öko-Verordnung;
  • Öko-Marktpartner: Angebot & Nachfrage zusammenbringen;
  • Bio-Konsument/-innen der Zukunft?
  • Bio in der Außer-Haus-Verpflegung: Chancen und Hürden;
  • Bio-Stadt-Land-Partnerschaft;
  • Nächste Generation Ökolandbau.

Im Nachgang des Workshops wurden diese Handlungsfelder auf sechs konkrete Themenbereiche verdichtet:

  • Herausforderungen in den Bereichen Erzeugung und Verarbeitung;
  • Herausforderungen in den Bereichen Bildung, Beratung, Forschung & Fachinformationen;
  • Herausforderungen in den Bereichen Vermarktung und Marketing;
  • Herausforderungen in den Bereichen Öko-Kontrolle und Recht;
  • Herausforderungen in den Bereichen Information, Nachfrage und Genuss;
  • Herausforderungen hinsichtlich allgemeiner Rahmenbedingungen und Projekte für mehr Öko-Landbau.

Die aufgrund der fundierten Analyse identifizierten Themenfelder bilden aus Sicht der AÖL eine hervorragende Grundlage, um hierauf aufbauend konkrete Maßnahmen zu entwickeln. Diese Maßnahmen gilt es, basierend auf einem Zeitplan und einem soliden Finanzierungskonzept, anzugehen und mit Unterstützung der Sektorbeteiligten in die Umsetzung zu bringen.