AÖL zieht nach Treffen mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann Zwischenfazit zum landespolitischen Engagement in Sachen Ökolandbau

Bildunterschrift: V. l. n. r.: Dr. Christian Eichert, AÖL-Geschäftsführer, Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Hans Bartelme, AÖL-Vorstand, Marcus Arzt, AÖL-Vorstand, Imme Schäfer, AÖL-Pressereferentin

Stuttgart / Esslingen, 14. November 2017. Im Zuge eines Austauschs mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann zog die AÖL (Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau Baden-Württemberg e.V.) ein Resümee zur Situation der ökologischen Agrar- und Ernährungswirtschaft im Lande. Die Sektorvertreter machten deutlich, dass sie sich in Anbetracht des fortschreitenden gesellschaftlichen Umdenkens in Richtung Ökologie ein forscheres Engagement der Landespolitik für den Sektor wünschen würden. Gerade für diejenigen Bäuerinnen und Bauern im Land, die an Bio interessiert sind, etwaige wirtschaftliche Risiken einer Betriebsumstellung aber bislang noch scheuen, sei es wichtig, ein klares Zeichen zu setzen und Unterstützung zu signalisieren. So sei die Politik beispielsweise gefordert, bei der Verwendung von Ökoprodukten selbst als Vorbild voranzuschreiten, um den Umbau der Land- und Ernährungswirtschaft tatkräftig voranzubringen. AÖL-Vorstand Hans Bartelme nannte in diesem Zusammenhang am Rande des Termins mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Erfolgsbeispiele Wien und Kopenhagen: „Die Stadt Kopenhagen hat es geschafft, in ihren städtischen Kantinen täglich rund 66.000 Bio-Gerichte anzubieten, die Stadt Wien versorgt sogar 85.000 Menschen pro Tag ökologisch. Das einzig grün regierte Bundesland in Deutschland hat derzeit nicht einmal eine Soll-Bestimmung zur Verwendung von ökologisch und regional erzeugten Nahrungsmitteln in seiner Landesbeschaffungsverordnung. Hier sehen wir dringenden Nachbesserungsbedarf.“

Ebenso sei es nicht verständlich, dass im Stammland des Ökolandbaus Baden-Württemberg keine einzige der insgesamt neun landwirtschaftlichen Landesanstalten ökologisch bewirtschaftet wird – und auch die in Landesbesitz befindlichen Unternehmen der Ernährungsindustrie noch nicht zu „Botschaftern“ für den Ökolandbau umgebaut wurden. Die Sektorvertreter sicherten Winfried Kretschmann zu, dass das Thema Rohstoffversorgung kein Hindernis für eine Umstellung auf Ökoproduktion mehr darstelle. Angesichts der derzeit laufenden Umstellungswelle auch vieler größerer Ackerbaubetriebe könne beispielsweise die Rohwarenversorgung eines Brauereiunternehmens ohne Probleme gewährleistet werden.

Die Verbandsvertreter sprachen gegenüber Ministerpräsident Kretschmann den Wunsch aus, sich bei der Verpachtung von Landesflächen für eine konsequente Bio-Bewirtschaftung einzusetzen und die eigenen Liegenschaften entsprechend umzustellen. Zudem solle die Überarbeitung der Ökokonto-Verordnung dafür genutzt werden, die Umstellung auf Öko-Bewirtschaftung als Ausgleichsmaßnahme für Eingriffe in die Natur anzuerkennen. Dies sei in anderen Bundesländern bereits heute gelebte Praxis.

Als Stammland des Ökolandbaus habe Baden-Württemberg Vorbildcharakter weit über seine Landesgrenzen hinaus. Daher sei es mehr als wünschenswert, auch in Baden-Württemberg künftig einen landesweiten Öko-Aktionstag mit politischem Engagement des Staatsministeriums auszurichten. Die bisherigen Bemühungen in diesem Kontext konnten aufgrund administrativer und finanzieller Einschränkungen laut AÖL noch nicht die für den Sektor dringend nötige Strahlkraft und Signalwirkung entwickeln.

Die AÖL-Vertreter begrüßten die Zusicherung des zuständigen Landwirtschaftsministers Peter Hauk zur gemeinsamen Zwischenbewertung und nachfolgenden Weiterentwicklung des Aktionsplans „Bio aus Baden-Württemberg“. Damit eine Erweiterung des Aktionsplans um konkrete, für Sektor und Gesellschaft nutzenstiftende Maßnahmen möglich sei, müsse das Land jedoch den hierfür zur Verfügung stehenden finanziellen Rahmen im Sinne des Prinzips „Öffentliches Geld für Öffentliche Leistungen“ anpassen. Dem derzeit in der finalen Phase vorliegenden Doppelhaushalt 2018/19 fehle es an entsprechenden Ansatzpunkten. Hier wünschten sich die Vertreter ein Bekenntnis des Staatsministeriums. Auch müsse das Land das in den Nebenabsprachen hinterlegte Budget von jährlich zwei Millionen Euro vollständig für die Koalitionsaussage „Umsetzung von Bio-Musterregionen“ einsetzen. Bio-Musterregionen vernetzen die Akteure entlang der Wertschöpfungskette untereinander – also von der landwirtschaftlichen Erzeugung über die Verarbeitung bis hin zur Vermarktung der Bio-Lebensmittel. Die Maßnahmen zur Umsetzung von Bio-Musterregionen seien zeitlich und inhaltlich auf einem guten Weg. „Darüber hinaus ist es erfreulich, dass relevante Forderungen des Sektors bei der konzeptionellen Ausrichtung der Bio-Musterregionen aufgegriffen wurden“, so der zweite AÖL-Vorsitzende Marcus Arzt abschließend.

Bildquelle: Staatsministerium Baden-Württemberg / Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau Baden-Württemberg e.V. (AÖL)

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Hintergrund AÖL: Die AÖL ist die gemeinsame Vertretung der ökologischen Anbauverbände in Baden-Württemberg. In dieser Funktion gestaltet die AÖL aktiv die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen im Land mit. Als Bindeglied zwischen Politik, Markt und Verbraucher befördert sie die Belange der Ökologischen Land- und Ernährungswirtschaft durch ein aktives Tun. Gemeinsam mit staatlichen Einrichtungen und anderen berufsständigen Organisationen arbeitet sie die gesellschaftlich erwünschten Stärken von ökologisch erzeugten und verarbeiteten Produkten – im Besonderen von heimischer Öko-Verbandsware – im Interesse des Verbrauchers als Konsument wie als Steuerzahler heraus.

Hintergrund zum Koalitionsvertrag: Mit ihrer im Mai 2016 geschlossenen Koalitionsvereinbarung hat die grün-schwarze Landesregierung das Bekenntnis verbunden, die baden-württembergische Landwirtschaft auf breiter Basis zu fördern und weiterzuentwickeln. Getreu dem Motto „Öffentliches Geld für Öffentliche Leistungen“ bekannten sich die Koalitionäre zur Ausrichtung der Agrarförderung an konkret erbrachten gesellschaftlichen Leistungen. An prominenter Stelle nimmt die Koalitionsvereinbarung Bezug zum ökologischen Landbau („Wir werden den ökologischen Landbau weiter voranbringen“). Im Rahmen einer Landtagsdebatte sagte Landwirtschaftsminister Peter Hauk jüngst die Öko-Bewirtschaftung von landwirtschaftlicher Nutzfläche betreffend: „Auch wir in Baden-Württemberg haben ein Ziel vor Augen. Aber wir wollen nicht 20 Prozent, wir wollen mindestens 25 Prozent der Fläche. Ich glaube, das entspricht auch der höheren Kaufkraft und dem Bedürfnis der Bürger in unserem Land.“

Ansprechpartnerin für Presseanfragen:

Imme Schäfer, Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau Baden-Württemberg e.V. (AÖL e.V.), c/o Bioland Landesverband Baden-Württemberg e.V., Schelztorstr. 49, 73728 Esslingen +49 711 550939-19, M. +49 151 17127729, E-Mail: imme.schaefer@bioland.de